Archive

„Die Beherrschung des Aggressionstriebes ist die zentrale Aufgabe“ – Zur Bedeutung der Sozial- und Jugendpädagogik jüdischer Protagonist:innen in der postnationalsozialistischen Bundesrepublik

Die Reprofessionalisierung jüdischer Sozialer Arbeit nach der Shoa war ohne die Unterstützung der internationalen jüdischen Organisationen und vor allem aus dem jungen Staat Israel undenkbar, denn der fachliche Referenzrahmen in Deutschland reichte für die zu bewältigenden Probleme keinesfalls aus. Während die Qualifizierung junger Kräfte in den 1960er Jahren eine existenzielle Bedeutung für die jüdische Gemeinschaft gewann, versuchten zentrale Protagonist:innen der ersten Stunde (zum Beispiel Berthold Simonsohn), ihr Praxiswissen in den deutschen Akademisierungsdiskurs zur Sozialen Arbeit einzubringen.

Vom ‚Ungläubigen‘ zum ‚großen Gelehrten‘. Die Bedeutung des Judentums im Leben des Orientalisten Karl Süßheim

Er suchte nicht, aber er fand: Der Orientalist Karl Süßheim verbrachte zu Beginn des 20. Jahrhunderts mehrere Jahre im Osmanischen Reich, um sich beruflich zu orientieren. Dabei begegnete der aus einer Nürnberger liberaljüdischen Familie stammende junge Mann gefestigten Glaubensgemeinschaften, die ihm aus seinem religiös indifferenten Umfeld im Kaiserreich völlig unbekannt waren. Sein Tagebuch skizziert eine einzigartige Geschichte der (Wieder-)Entdeckung des Judentums: Über seine Auseinandersetzung mit dem Islam fand er zu einem starken jüdischen Glauben, den er für den Rest seines Lebens bewahrte.

Eine zionistische Jugendbewegung für Amerika: der Haschomer Hazair zwischen Ideologie und Realität in den 1930er Jahren

Ausgehend von der monatlich erschienenen Zeitschrift des amerikanischen Haschomer Hazair aus den Jahren 1934 bis 1939 werden im Beitrag Diskussionen zur zionistischen und chaluzischen Jugend in den Vereinigten Staaten sowie zur Haltung zum Faschismus vor dem Hintergrund des Nationalsozialismus in Deutschland, des ansteigenden Antisemitismus in den USA und der als gesellschaftliche Krise wahrgenommenen sozialen und politischen Umbrüche nach dem Börsencrash 1929 nachvollzogen und analysiert. Dabei wird von der Annahme einer transnationalen Verbreitung der Ideen chaluzisch-zionistischer Jugendbewegungen ausgegangen, die sich auf spezifische Weise in den Vereinigten Staaten entwickelten. Die hier entlang der Zeitschriftenbeiträge verschiedener Akteure des Haschomer Hazair, diskutierten Aspekte sowie der größere Forschungskontext zionistischer Jugendbewegungen der 1930er Jahre in den Vereinigten Staaten stellen nach wie vor Desiderate der historischen Forschung dar.

Rabbi Meir Kahane (1932–1990) und seine Rezeption in der DDR und in der Bundesrepublik Deutschland

Die vorliegende Studie befasst sich mit der Rezeption des US-amerikanischen Rabbiners und israelischen rechtsradikalen Politikers Meir Kahane in der Bundesrepublik Deutschland und in der DDR und wertet dabei mehrere einschlägige Pressepublikationen west- und ostdeutscher Provenienz aus. In der westdeutschen Presse wurde Kahanes Tätigkeit an der Spitze der Jewish Defence League in den USA in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren eher ausgewogen behandelt, während seine politische Karriere in Israel in den 1970er und 1980er Jahren als Aufstieg des Faschismus im jüdischen Staat wahrgenommen wurde. In der DDR-Presse war bereits in den frühen 1970er Jahren das aus der UdSSR übernommene antisemitisch gefärbte Feindbild Kahane weit verbreitet, das auch in den 1980er Jahren im Umlauf blieb.