Archive

Jüdischer Raum in Shanghai während des Zweiten Weltkriegs

Hongkou war ein Stadtteil Shanghais, in dem sich viele jüdische Emigrant*innen, die vor allem zwischen 1938 und 1939 aus Nazi-Deutschland und Österreich geflohen waren, niederlassen konnten. 1943 wurde dort von der japanischen Besatzungsmacht eine spezielle Zone eingerichtet, in die die Emigrant*innen übersiedeln mussten. Diese Zone, später Shanghaier Ghetto genannt, gilt bis heute als Inbegriff eines jüdischen Überlebensraumes für circa 18.000 jüdische Emigrant*innen. Im Aufsatz wird unter besonderer Berücksichtigung der Wohnverhältnisse aus mikrogeschichtlicher Perspektive dieser jüdische Raum in Ostasien untersucht.

Das Körnchen Wahrheit im Mythos: Israelis in Deutschland ̛– Diskurse, Empirie und Forschungsdesiderate

Israelis in Deutschland sind von Interesse. Aber für wen? Und warum? Wer sind diese Israelis? Wie kann man ihre Migration nach, und ihre Lebenswelten in Deutschland theoretisch und methodisch greifen? Diesen Fragen wird dieser Essay nachgehen, der auf die Daten des Forschungsprojektes „The Migration of Israeli Jews to Germany since 1990“ (GIF 1186) zugreift und über diese hinausgeht. Die Datensammlung entspringt dem Ansatz der multi-sited ethnography, um der Bandbreite israelischer Lebenswelten gerecht zu werden. So wird die vorgelagerte Forschung, der Projektverlauf und das Framing dargestellt, danach Diskurse über Israelis und schließlich empirischen Daten um Mythen über Israelis auf ihren Wahrheitsgehalt testen und schließlich aufzeigen, welche möglichen Fragestellungen sich aus den Ergebnissen ergeben und wie wichtig es wäre, Grundlagenforschung verstetigt zu betreiben.

Editorial 14 (2020), 27

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freundinnen und Freunde von Medaon,

immer noch befinden sich alle Beteiligten an dieser Ausgabe in schwierigen und zeitaufwendigen Prozessen der Organisation und Anpassung an die neuen Strukturen und Verfahren aufgrund der Pandemie. Umso mehr sei Ihnen für ihre Zeit und ihr ehrenamtliches Engagement gedankt, wodurch wieder interessante Einblicke in die verschiedenen Forschungsfelder zu jüdischer Geschichte und zur Bildungslandschaft gelungen sind. Wir freuen uns, Rahel Blum und Martin Munke als neue Redaktionsmitglieder begrüßen zu können.

In der Rubrik der begutachteten Artikel stehen sehr unterschiedliche Themen im Fokus: Alexander Friedman widmet sich Rabbiner Meir Kahane (1932–1990), seiner politi-schen Karriere und seine Rezeption in Israel, im Westen und im Ostblock. Außerdem diskutiert Dani Kranz das Bild, das die Forschung von Israelis in Deutschland zeichnet und Martina Mampieri stellt Italienische Hebräische Manuskripte der Nauheim Collection in National Library of Israel vor.

Die Reihe zu Biografien jüdischer Frauen setzt Julia Bertschik mit Vicky Baum fort, in der Reihe Einblendungen geht es diesmal um Dinge und Objekte in der deutsch- jüdischen Filmgeschichte.

Julia Wolrab macht uns anhand einer Quelle mit den komplizierten eigentumsrechtlichen Fragen um die Synagoge Freiburg bekannt und Jacob Ole Müschen schaut auf die Widerspiegelung von Johann Gottlieb Fichte bei Saul Ascher.

Die Rezensionen der Ausgabe eröffnen ein breites Spektrum an Themen. Wir wün-schen Ihnen eine inspirierende Lektüre.

Die Fertigstellung dieses Hefts wäre auch dieses Mal ohne die Unterstützung aller GutachterInnen nicht zustande gekommen. Die Korrekturen bzw. Übersetzungen übernahmen in der gewohnten Gründlichkeit und Zuverlässigkeit Steffen Schröter von text plus form, Cathleen Bürgelt, Sophie Máriássy, Margi Schellenberg und Phillip Roth – ihnen allen danken wir herzlich!

Besonders möchten wir Sie auf unsere Pläne für die Zukunft hinweisen und Ihnen den Aufruf „Jüdische Geschichte. Perspektiven junger Forscher:innen” empfehlen.

Die Redaktion von Medaon im November 2020.

Rabbi Meir Kahane (1932–1990), die Jewish Defence League und sowjetische Juden

Die vorliegende Studie befasst sich mit dem US-amerikanischen Rabbiner und umstrittenen israelischen Politiker Meir Kahane, der in den späten 1960er Jahren die Jewish Defence League in New York gründete, für die Auswanderung von Juden aus der UdSSR kämpfte und sich als unversöhnlicher Gegner der kommunistischen Supermacht profilierte. In den USA wegen seines Radikalismus und seiner Neigung zum Extremismus scharf kritisiert, in Israel aufgrund seiner rassistischen und antidemokratischen Tendenzen befürchtet, wurde Kahane zu einer wichtigen Zielscheibe der israelfeindlichen Propaganda in der UdSSR. Letztere entwickelte das Feindbild des „faschistischen Rabbiners“ Kahane und schreckte dabei weder vor Verleumdungen noch vor Verzerrungen zurück. Diese diffamierende Berichterstattung wurde von vielen sowjetischen Juden rezipiert, von denen manche – vor allem regimekritische und ausreisewillige Juden – Kahane als Held bewunderten.

From Frankfurt to Jerusalem: Jewish Manuscripts in the Nauheim Collection at the National Library of Israel

Der vorliegende Artikel beleuchtet eine kleine, aber wertvolle Sammlung von Manuskripten des deutsch-jüdischen Sammlers Sigmund Nauheim (1874-1935). Während seine große Sammlung silberner jüdischer Zeremonialgegenstände heute im Jüdischen Museum Frankfurt am Main aufbewahrt wird, befnden sich seine Manuskripte und Bücher in der Israelischen Nationalbibliothek in Jerusalem. Neben der Beschreibung der Manuskripte wird der Artikel die Nauheim-Sammlung in den Kontext des Handels und der Sammlung von Hebraica und Judaica in der Zwischenkriegszeit stellen.