Israel jenseits von ‚Heimat‘ und ‚Diaspora‘ – die Perspektive der russischsprachigen Zuwanderer zwischen 1989 und 2000

Auf der Grundlage des Rückkehrgesetzes, Chok a-Schwut, wanderte zwischen 1989 und 2000 mehr als eine Million russischsprachiger Menschen aus der Sowjetunion beziehungsweise aus den postsowjetischen Ländern nach Israel ein. Der Artikel beschäftigt sich mit dem eigensinnigen diskursiven Integrationsprozess von Zuwanderern, die vom aufnehmenden Land als Diaspora-Migranten betrachtet werden, ohne dass sie ihrerseits bereit sind, sich fraglos den damit verbundenen Normen zu unterwerfen: Zentrales Merkmal dessen ist, dass sie sich diskursiv einer Diaspora-Negation verweigern, welche die Shoah als Paradigma der Diaspora schlechthin betrachtet. Damit einher geht ein nostalgischer Rückbezug auf das verlassene Heimatland, eine dialektische Umdeutung des Diaspora-Begriffs und eine Selbst-Ghettoisierung in Israel. Demgegenüber existiert aber auch ein Anpassungsprozess: eine späte Viktimisierung antisemitischer Erfahrungen im Herkunftsland und eine bewusst erklärte Entscheidung für Israel als Heimat.

Autor(en): Lou Bohlen

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