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„Schönste Heidin, süßeste Jüdin!“ Die „Schöne Jüdin“ in der europäischen Literatur zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert – ein Querschnitt

Judith, Ruth, Jessica und Raquel sind nur wenige Beispiele „Schöner Jüdinnen“, die seit der Antike als beliebte Motive in Literatur und bildender Kunst dienen. In den biblischen Frauengestalten findet dieser Topos seinen Ursprung und zieht sich von da an durch die Kultur- und Literaturgeschichte. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit diesen zwischen „Hure und Heiliger“ angesiedelten Figuren und ihren unterschiedlichen Intentionen, denn über die „Schönen Jüdinnen“ werden Fremd- und Selbstbilder, philo- und antisemitische Inhalte kommuniziert und transportiert.

Das Judenbild in den Presseorganen der deutschen Sozialisten in der Zweiten Polnischen Republik

In der ersten Hälfte der 1920er Jahre ist es den deutschen Sozialisten in der Zweiten Polnischen Republik gelungen, eine Partei – die Deutsche Sozialistische Arbeitspartei Polens (DSAP) – zu gründen. Allerdings trennten sich Ende der 1920er Jahre die deutschen Sozialisten aus Großpolen/Wielkopolska und Pommerellen/Pomorze von der DSAP und gründeten eine eigene Partei – die Deutsche Sozialistische Partei (DSP) –, die mit den National-Konservativen der Deutschen in Polen zusammenarbeitete und sich nach 1933 zum Nationalsozialismus bekannte. Der folgende Artikel beschäftigt sich mit dem Verhältnis der wichtigsten Presseorgane der deutschen Sozialisten (DSAP und DSP) zur jüdischen Bevölkerung in den Jahren 1918-1939. Dabei wird die Problematik der Reaktion auf die Akte des Antisemitismus sowohl in Polen als auch in Deutschland sowie des in dieser Presse präsentierten Judenbildes untersucht.

Die institutionalisierte Symbiose. Über den ‚deutsch-jüdischen Dialog’ in der deutsch-jüdischen Literatur

Der Artikel geht dem Begriff des ‘deutsch-jüdischen Dialogs’ und dessen ideologischer Bedeutung für die Geschichte des frühen Nachkriegsdeutschland nach und untersucht anhand der Kontroverse zwischen Martin Buber und Gershom Scholem, von Jacques Derridas Celan-Interpretation sowie von einigen Gedichten vor allem aus Celans Spätwerk, wie sich deutsch-jüdische Autoren gegen ihre ‘dialogische’ Vereinnahmung durch die offizielle Gesprächs- und Versöhnungspolitik in der Bundesrepublik zu sperren suchten.

Das stille Leben des Moses Büdinger. Jüdische Männlichkeit im Reformzeitalter

Im Zentrum des Aufsatzes steht die Biographie Moses Buedingers, eines deutsch-jüdischen Lehrers und Pädagogen des 19. Jahrhunderts. Die Lebensbeschreibung von Salomon Steinheim illustriert nicht nur den Transformationsprozess des deutschen Judentums von einem traditionellen in ein bürgerliches kulturelles System; sie zeigt auch, wie sich innerhalb dieses Kolonialisierungsprozesses die Ideale jüdischer Männlichkeit veränderten. In der Analyse des Blicks Steinheims auf Büdinger verweist der Aufsatz auf den engen Zusammenhang zwischen der Transformation der Jüdischen Kultur und sich verändernden Idealen von Männlichkeit aufzuzeigen.

Dokumentation der Beraubung – Das Forschungsprojekt „ ‚Arisierung‘ in Thüringen“

Seit Anfang der 1990er Jahre haben Fragen der materiellen „Wiedergutmachung“ nationalsozialistischer Unrechtspolitik ihren festen Platz im öffentlichen Interesse. Parallel dazu wurde und wird eine Vielzahl von Forschungsarbeiten zum Themenkomplex „Arisierung“, dem vielschichtigen Vorgang der Verdrängung und Ausplünderung jüdischer Bürger nach 1933, vorgelegt.
Der folgende Beitrag richtet sein Augenmerk auf den in diesem Zusammenhang bisher wenig beachteten „Mustergau“ Thüringen und stellt die Arbeit und Ergebnisse des Forschungsprojektes „,Arisierung‘ in Thüringen“ vor.

Editorial Ausgabe 3

Gleich zwei Artikel in der neuen Ausgabe von MEDAON widmen sich literaturgeschichtlichen Fragestellungen: Während Anna-Dorothea Ludewig sich kursorisch der Figur der „Schönen Jüdin“ in der europäischen Literatur des 17. bis 19. Jahrhunderts annähert, geht Magnus Klaue den erinnerungspolitischen Implikationen des „deutsch-jüdischen Dialoges“ im Nachkriegsdeutschland um das (Spät)Werk von Paul Celan nach.

Der Beitrag von Monika Gibas und Christian Faludi führt in den historischen Prozess nationalsozialistischer „Arisierungs“-Politik in regionaler Perspektive am Beispiel Thüringens ein und macht zugleich auf eine intensive wissenschaftliche Beschäftigung dazu an der Universität Jena aufmerksam, die mit der Eröffnung einer Ausstellung dieser Tage in der Thüringischen Landeshauptstadt ihren vorläufigen Höhepunkt finden wird.

Anhand einer Analyse der von Salomon Ludwig Steinheim verfassten Biographie Moses Büdingers geht Kristiane Gerhardt dem zeitgenössischen Wandel des Ideals jüdischer Männlichkeit im Verbürgerlichungsprozess deutscher Juden des 19. Jahrhunderts nach.

Beata Lakeberg gibt in ihrem Beitrag einen Einblick in das Bild vom Juden bzw. in die Berichterstattung zum zeitgenössischen Antisemitismus in der deutschsprachigen sozialistischen Presse der Zweiten Polnischen Republik.

Zumindest regional hieran anknüpfend, führt Mirosława Lenarcik in die Konstellation jüdischen Lebens im südwestlichen Polen nach 1945 ein. Mit einer Skizze des Wirkens von Jenny Hirsch findet die von Jana Mikota geführte Reihe „Jüdische Schriftstellerinnen – wieder entdeckt“ ihre Fortsetzung.

Die Redaktion möchte des weiteren besonders auf die biographische Einführung zu Samuel Willenberg und dessen künstlerischen Ausdruck seines Erleidens und Überlebens des Vernichtungslagers Treblinka hinweisen. HATiKVA e.V., Herausgeber von MEDAON, trug in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern dazu bei, dass die beeindruckende Reihe der Bronzeskulpturen Willenbergs auch in Dresden als Teil einer umfassenden Ausstellungsreise ihr Publikum fand.

In der Rubrik Bildung finden sich drei Beiträge: Durch Larissa Weber wird das Ausstellungsprojekt zur jüdischen Geschichte in Brandenburg vorgestellt. Katrin Stephan entwickelt Möglichkeiten der pädagogischen Arbeit zum Thematik »Pest und Judenprogrome im 14. Jahrhundert«. Klaus Konrad-Leder und Kristine Tromsdorf geben einen Überblick über die langjährige Bildungsarbeit gegen Antisemitismus und zur Erinnerung an das hessische Judentum der in Lich ansässigen Ernst-Ludwig-Chambré-Stiftung.

In der Rubrik Quellen finden die Leserinnen und Leser unter anderem einen Überblick der Judaica im „Sonderarchiv Moskau“ von Sebastian Panwitz und einen weiteren Beitrag von Andreas Lehnardt, der neu entdeckte jüdische Grabsteinreste im Taunuskreis vorstellt und deren Wert für die historiographische Forschung vermisst.

Außerdem enthält diese Ausgabe erneut eine Reihe von Rezensionen.

Abschließend möchte die Redaktion auf zwei Quellenaufrufe aufmerksam machen: Zum einen veröffentlichte Daniel Ristau im Namen der Redaktion anlässlich des 70. Jahrestages der Novemberpogrome bereits in der zweiten Ausgabe einen Aufruf zur Übermittlung fotographischer Zeugnisse der Ereignisse von 1938, auf den wir an dieser Stelle noch einmal hinweisen möchten.

Zum anderen bitten wir um Beachtung der Forschungsarbeit von Anna Maja Misiak zur Schriftstellerin, Kunstkritikerin und Philosophin Debora Vogel. Für ein aktuelles Editionsprojekt ergeht der Wunsch nach Zusammenarbeit hinsichtlich noch nicht bekannter Dokumente.

Die nächste Ausgabe von MEDAON erscheint Ende April 2009.

Die Redaktion von MEDAONDresden, Oktober 2008

Die Redaktion dankt Cathleen Bürgelt, Jana Häntzschel, Lenka-Maria Lange, Jana Mikota, Britta Sommermeyer und Irina Suttner sowie allen Gutachterinnen und Gutachtern für ihren unverzichtbaren Beitrag an der dritten Ausgabe von MEDAON.

Editorial issue 4

Den Anlass der Veröffentlichung der vierten Ausgabe von MEDAON hat die Redaktion genutzt, um den Internetauftritt des Magazins im geringen Umfang zu modifizieren. Intention ist es, mit der neugestalteten Startseite und den um ein Inhaltsverzeichnis ergänzten Editorial den Zugang zu den Beiträgen zu erleichtern. Sabine Haustein und Anja Waller zeigen den Leserinnen und Lesern der aktuellen Ausgabe zunächst Ansätze einer transnationalen sozial-, geschlechter- und ideenhistorischen Erforschung der Geschichte jüdischer Volksheime und Toynbee-Hallen in Europa. Zwei weitere Artikel greifen für unterschiedliche Zeiträume und Perspektiven filmographische Fragestellungen zur Darstellung von Jüdinnen und Juden auf: Anja Horstmann stellt anhand des dokumentarischen Filmmaterials „Asien in Mitteleuropa“ die Bestrebungen der Nationalsozialisten dar, die Erinnerung an die ihrem Ansinnen nach Auszulöschenden nicht zu unterdrücken, sondern vorzustrukturieren. Ingo Loose vermisst dagegen an ausgewählten Beispielen die Repräsentation von Jüdinnen und Juden, Shoah und Antisemitismus in Filmen ost-, west- wie gesamtdeutscher Provinienz nach 1945. Mit der „Renaissance“ des Chassidismus in lokaler Perspektive beschäftigt sich Victoria Hegner in einem ethnographischen Ansatz am Beispiel Synagogengemeinschaft Friends of Refugees of Eastern Europe in Chicago/USA und fragt dabei insbesondere nach der Position russisch-jüdischer Emigranten. Die Miszelle von Frank Wolff liefert Einblicke in den Stand und mögliche Potentiale der internationalen Forschung zum Allgemeinen jüdischen Arbeiterbund. In einer zweiten Miszelle führt Jana Mikota die Reihe „Jüdische Schriftstellerinnen – wieder entdeckt“ fort und stellt Leben und Werk von Bertha Badt-Strauss vor. Michaela Baetz präsentiert als Mitarbeiterin des durchführenden Imedana e.V. (Nürnberg) Zielsetzungen und Ergebnisse des partizipatorischen Bildungsprojektes „Wenn Mokkatassen sprechen – Mediale Konzepte gegen Antisemitismus“. In der Rubrik Quellen verweisen zwei Beiträge auf Internetprojekte, die mit dem Anspruch antreten, die Erforschung jüdischer Geschichte zu unterstützen: Frank Schlöffel führt in die Potentiale des von ihm mitinitiierten Portals Salon Jüdische Studien ein, welches einen Ausgangspunkt für Recherchen darstellen kann. Spezifischer wird eine von Edgar Bönisch und Birgit Seemann vorgestellte Internetpräsenz die historische Annäherung an jüdische Pflegegeschichte in Frankfurt am Main fortlaufend dokumentieren. Heike Liebsch verweist auf die historiographisch bisher kaum genutzten Bestände des privat betriebenen Holocaust an Heroism Memorial House in Ariel/Israel. In einem vierten Beitrag der Rubrik Quellen dokumentiert die Redaktion von MEDAON einen im März 2008 gehaltenen Vortrag von Peter Ambros. Als Bericht eines Vertreters der „zweiten Generation der Überlebenden“ der Shoah gibt der Text Einblick in das unbesprochen Gegenwärtige sowie in die Reflektion Ambros´ seiner Erinnerung und des Verhältnisses von jüdischer und nichtjüdischer Gedenkkultur. Auch in der aktuellen Ausgabe von MEDAON findet sich eine Reihe von Rezensionen. Dabei sei an dieser Stelle nur die Sammelbesprechung von Harald Schmid verwiesen, welcher elf Titel, die im Zusammenhang mit dem 70. Jahrestag der Novemberpogrome veröffentlich wurden, einer kritischen Betrachtung unterzieht. Die Redaktion dankt Lenka-Maria Lange, Regina Bauch, Irina Suttner und insbesondere Cathleen Bürgelt sowie allen Gutachterinnen und Gutachtern. Die Redaktion von MEDAON im April 2009