Editorial 16 (2022), 31

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freundinnen und Freunde von Medaon,

in dieser Herbstausgabe gibt es wieder spannende Beiträge zu entdecken. Dass unsere Gesellschaft immer diverser wird, zeigt sich auch immer stärker in unseren Beitragsthemen. Das Aufzeigen dieser verschiedenen Perspektiven ist uns von Medaon ein großes Anliegen, denn jüdisches Leben war und ist immer auch ein vielfältiges.

So stellt Jan Wilkens in seinem Artikel das neue Forschungsfeld der Queer Jewish Studies vor. Ausgehend von den Anfängen in den 1980er Jahren, in denen queere Jüdinnen und Juden versuchten, sich Gehör zu verschaffen, liefert der Beitrag einen Überblick über die bereits erbrachten Leistungen in diesem Feld und bietet so sehr spannende Einblicke.

Dass eine diversitätsorientierte Darstellung von Jüdinnen und Juden in Bezug auf historische Darstellungen von großer Relevanz ist, zeigt der Artikel von Norbert Schmeiser in der Rubrik Bildung. Dieser widmet sich der vorurteilsbeladenden Darstellung von Jüdinnen und Juden in deutschen Schulbüchern. Der Beitrag legt den Fokus auf die Vermittlung des Themas Geldverleih durch Jüdinnen und Juden, hierfür wurde eine Vielzahl von Schulbüchern analysiert.

Ein ganz anders Themenfeld nimmt der Artikel von Ronny Noak in den Blick, die Gesellschaft des Deutschen Staates. Anhand einer Untersuchung der Schriftenreihe und der Bildungsarbeit dieser Vereinigung zeigt der Betrag auf, dass sie als eine der konservativen und völkischen-nationalistischen Bewegungen eingestuft werden kann und problematisiert dabei den rassistisch begründeten Antisemitismus der Gesellschaft.

Darüber hinaus erscheint ein Beitrag von Axel Doßmann und Lisa Schank über das außergewöhnliche Interviewprojekt des Psychologen David P. Boder mit Zeuginnen und Zeugen. Dieser interviewte 1946 über 100 Displaced Persons in Frankreich, Italien, der Schweiz und in der amerikanisch besetzten Zone Deutschlands. In einer künftigen digitalen Werkstatt soll eine Auswahl von Boders DP-Interviews nicht allein neu transkribiert, übersetzt und mit ergänzenden Dokumenten kontextualisiert, sondern auch in Bezug auf die biografischen (Selbst-)Deutungen der Shoah aus dem Jahr 1946 interdisziplinär kommentiert und interpretiert werden. Zukünftig entsteht somit ein konkretes Angebot und ein Impuls für weitere Forschungs- und Bildungsvorhaben.

Wiederum einer ganz anderen Thematik widmet sich das Interview mit Vivien Laumann, Co-Autorin des Buches Gojnormativität. Warum wir anders über Antisemitismus sprechen müssen. Das Interview zeigt auf, was sich hinter dem Begriff ‚Gojnormativität‘ verbirgt, und diskutiert die Herausforderung der Auseinandersetzung mit Antisemitismus und Rassismus mit Blick auf die Debatten in linken Kreisen.

Nadine Kulbe gibt uns einen Einblick in die Provenienzforschung und deren Beitrag für die Erforschung von Lebensgeschichten anhand der Biografie von Benno Kaufmann und Karin Berkemann stellt Urbanistische Methoden zur Bildanalyse als Methode vor, um aufzuzeigen, wie mit Abweichungen zwischen schriftlichen und fotografischen Quellen bei der Darstellung und Beschreibung von städtischem Leben umgegangen werden kann. Exemplarisch macht dies die Autorin anhand der Text- und Fotoquellen des Palästinakundlers Gustaf Dalman (1855–1941) deutlich.

Marina Sassenberg nimmt uns in ihrem Beitrag mit in das süditalienische Lecce und stellt uns ein kleines Museum die jüdische Geschichte Apuliens vor. In unserer Reihe zu bedeutenden Jüdinnen schreibt Hannah Lotte Lund über Hedwig Dohm und die Rezensionsrubrik wirft einen Blick auf aktuelle Literatur, die ebenfalls die vielfältigen Perspektiven auf jüdisches Leben in Geschichte und Gegenwart aufgreift.

Für ihre Unterstützung bei der Fertigstellung dieses Hefts danken wir allen Gutachterinnen und Gutachtern sehr herzlich. Die Korrekturen bzw. Übersetzungen übernahmen in der gewohnten Gründlichkeit und Zuverlässigkeit Steffen Schröter von text plus form, Cathleen Bürgelt, Patricia Casey Sutcliffe und Margaret-Ann Schellenberg– ihnen sind wir ebenfalls zu großem Dank verpflichtet.

Die Redaktion von Medaon im November 2022.

Autor(en): Redaktion Medaon

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